Archiv für Juni, 2009

Die HU beugt sich dem Druck der Studierenden – Streik zeigt erste Wirkung

Posted in Akademischer Senat, Bildungsstreik 2009 on Juni 25, 2009 by lusthu

Dieser Text wurde als Pressemitteilung verschickt

Im heutigen Akademischen Senat lagen mehrere Anträge der Studierenden vor, die kurz zuvor von der Vollversammlung (VV) im Rahmen des Bildungsstreiks beschlossen wurden. Der Einladung der studentischen Vertreter_innen folgten heute mehr als einhundert Studierende. Nicht ganz unbeeindruckt vom zahlreichen Erscheinen der Studierenden beschloss der AS einige weitreichende Änderungen.

HU-weite Abschaffung der Funktionstörungsatteste

Ein einstimmiges Votum gab es bei der Abschaffung der Funktionsstörungsatteste. In diesen mussten Studierende in der Vergangenheit den Arzt von der Schweigepflicht entbinden, sobald sie sich zu einer Prüfung krank meldeten. Viele Studierende hatten sich in den vergangenen Monaten mit Diskussionen, Unterschriftenlisten und zuletzt in der Vollversammlung vehement gegen eine derartige Praxis ausgesprochen.
Tobias Roßmann, Referent für Lehre und Studium des ReferentInnenrates:
„Zum Glück ist diesem datenschutzrechtlich bedenklichen Vorgang nun ein

Riegel vorgeschoben. Die HU scheint damit die erste Universität zu sein, die diesen Humbug wieder abschafft. Dies ist ein großer Erfolg für die Studierenden und hat hoffentlich bundesweite Signalwirkung!“

Überarbeitung der Studienordnungen

Weiterhin hat der akademische Senat in der heutigen Sitzung positiv darüber entschieden, alle Bachelor- und Masterstudiengänge zu überarbeiten. Ziele sind die Reduktion des Workloads, die Verbesserung der Studierbarkeit sowie die Anpassung der Prüfungsmodalitäten an die realen Lebensumstände der Studierenden. Dies soll bis zum Wintersemester 2010/2011 beendet sein.

Darüber hinaus ist es den Studierenden gelungen die Einführung eines Wahlfreimoduls im Umfang von mindestens 10 Studienpunkten durchzusetzen. Dieses Modul wird aus dem kompletten Angebot der HU frei wählbar sein. Auch selbstorganisierte Seminare und Projekttutorien fallen darunter, ohne dass eine Modulabschlussprüfung erforderlich ist. „Mit der Überarbeitung der Studiengänge und der Einführung des „Wahlfrei-Moduls“ können wir die Studiensituation kostenneutral erheblich verbessern“, sagt Lena Müller. „Endlich wurde das Recht der Studierenden wieder anerkannt, ihr Studium zumindest in einem kleinen Teil selbst zu gestalten. Es gibt jetzt endlich wieder Zeit für eigene Schwerpunktsetzung. Die Studienbedingungen in den neuen Studiengängen sind bisher oft entmündigend und gehen an der
Lebensrealität der Studierenden vorbei. Wir erwarten gespannt die Ergebnisse.“

Abschaffung der Anwesenheitskontrolle eingeleitet

Weiterhin leitete der AS ein Verfahren zur Abschaffung der Anwesenheitskontrollen an der HU ein. In der nächsten Sitzung steht damit die Änderung der Allgemeinen Satzung für Studien- und Prüfungsangelegenheiten auf dem Plan. Ziel ist es, die sozial selektiv wirkenden Anwesenheitskontrollen (z. B. Anwesenheitslisten usw.) abzuschaffen. Tobias Roßmann dazu: „Es ist eines der großen Mißverständnisse des Bologna-Prozesses, dass die Anwesenheit per Liste nachgewiesen werden muss. Die Modulabschlussprüfung ist das einzige Kriterium für den erfolgreichen Abschluss. Das gilt es in der nächsten Sitzung
durchzusetzen.“

Unterstützung der allgemeinen Streikforderungen

Keine Unterstützung fanden hingegen die allgemeinen Forderungen aus dem
bundesweiten Bildungsstreik 2009 (www.bildungsstreik2009.de) sowie der
Forderungskatalog der HU Studierenden (www.refrat.de), welcher in der
Vollversammlung vom 10. Juni 2009 verabschiedet wurde. Vieles davon könne man unterstützen, so eine Mehrheit im AS. Unter anderem fand die Forderung „Einheit von Forschung und Lehre statt der Exzellenzinitiative“ auch auf Professor_innenseite breite Zustimmung. Da die Anträge allerdings erst sehr kurzfristig eingereicht wurden, sei eine abschließende Diskussion
über die Forderung nicht möglich gewesen, so der einhellige Tenor.

Es wird zur kommenden Sitzung des Akademischen Senats in zwei Wochen eine neue Vorlage aller Statusgruppen erarbeitet, welche dann Unterstützung
finden soll. „An dieser Stelle zeigt sich, dass eine aktive Auseinandersetzung mit dem Bildungsstreik 2009 nicht stattgefunden hat“, sagt Silvia Gruß, Vertreterin im Akademischen Senat der HU und Mitorganisatorin des Streiks. Sie ergänzt: „Wer sich mit uns und unseren Forderungen für ein demokratisches und soziales Bildungssystem auseinandersetzen will, braucht nur einen Blick auf unsere Homepage zu werfen.“

Master-Zulassung für alle

Ein weiterer Punkt war der inner-universitäre Übergang vom BA zum MA. In
dieser Forderung der Vollversammlung drückte sich vor allem die Angst der
Studierenden aus, keinen Master-Platz zu bekommen. Lena Müller, Mitglied
im Akademischen Senat: „In der Lehramtsausbildung herrscht ein Verhältnis
von drei BA-Studienplätzen zu einem Masterplatz, HU weit gibt es nur etwa
halb so viele Masterplätze wie Bachelorplätze. Folglich wird nicht jedeR
einen Studienplatz bekommen. Das ist hochproblematisch, weil der BA in den
meisten Fällen nicht berufsqualifizierend ist. Leider fand sich im akademischen Senat keine Mehrheit für dieses Anliegen. Lena Müller: „Es ist schade, dass eine der Kernforderungen nicht erfüllt wurde. Das heißt wir werden weiter Druck machen müssen!“

Das Ergebnis der heutigen Sitzung ist ein wichtiges Signal für unsere
Studierenden. Es macht deutlich, dass es sich lohnt für politische Veränderung zu kämpfen. Silvia Gruß: „Natürlich sind damit nicht all
unsere (Bildungs-)politischen Forderungen erfüllt. Aber dieser Erfolg
motiviert uns weiter zu kämpfen!“